Energiewende finanzieren

Dynamik für die Energiewende? Wie erneuerbare Energien vorankommen

Der Ukraine-Krieg und die dadurch deutlich zutage getretene Rohstoffabhängigkeit europäischer Länder von Russland zwingt die internationale Politik, die erneuerbaren Energien voranzubringen. Tatsächlich könnte der Konflikt das Tempo der Energiewende beschleunigen. Doch es gibt auch Hindernisse.

Deutschland macht Druck beim Energiemix

Bekannt war es schon, aber der Krieg in der Ukraine hat es noch einmal deutlich vor Augen geführt: Je nach Branche ist die Abhängigkeit der deutschen Wirtschaft von russischen Rohstoffen groß. Laut Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck lag der Importanteil von Gas im Frühjahr 2022 noch bei 55 Prozent, von Kohle bei 50% und von Öl bei 35%. Seitdem ist Deutschland dabei, seine Energieabhängigkeit von Russland zu verringern. Allerdings verschärfte sich im Juli die Lage beim Erdgas, als die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 turnusmäßig gewartet wurde. Die Bundesregierung befürchtete, dass Russland die Lieferung danach nicht wieder aufnehmen würde. Tatsächlich floss anschließend zwar wieder Gas, allerdings lag der Durchfluss deutlich unterhalb der Kapazitätsgrenze, jüngst mit der Ankündigung, nur noch 20% zu liefern. Bereits zuvor hatte Russlands staatlicher Energiekonzern Gazprom die Gaslieferungen nach Deutschland über Nord Stream 1 um mehr als die Hälfte der täglichen Höchstmenge gedrosselt. Das alles zusammen hat den Preisanstieg für Strom nochmals beschleunigt.

Angesichts dieser Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen beschloss der Bundestag Anfang Juli im Rahmen des sogenannten „Osterpakets“ mehrere neue Gesetze, die den Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich beschleunigen sollen. Bis 2030 sollen demnach mindestens 80% des deutschen Bruttostromverbrauchs aus erneuerbaren Energiequellen bezogen werden. Zum Vergleich: Im Jahr 2021 wurden 41,1% des hiesigen Bruttostromverbrauchs durch erneuerbare Energien gedeckt.

Energiewende erhält auch in der Europäischen Union neue Dynamik

Auf EU-Ebene nimmt das Thema Energiewende ebenfalls Fahrt auf: So sollen etwa neue Windkraftanlagen und Solarparks in der Europäischen Union (EU) künftig schneller genehmigt werden, um in den EU-Ländern den Ausbau der Wind- und Solarenergie zu beschleunigen. In einem Entwurf präsentierte die EU-Kommission im Mai 2022 zudem eine europäische Solardach-Initiative, um bestehende und neue Gebäude mit Photovoltaikanlagen auszustatten.

Auch der Blick über die EU-Grenzen zeigt, dass der Ausbau erneuerbarer Energien eine hohe Priorität hat: In den USA beispielsweise ist nach Angaben der U.S. Energy Information Administration (EIA) in den vergangenen Jahren vor allem der Anteil an Windenergie gestiegen – in der Zeit von 2010 bis 2020 um mehr als 300%.

Langwierige Genehmigungsverfahren bremsen Tempo bei der Energiewende

Das anvisierte Tempo für die Energiewende ist ehrgeizig, doch es gibt einige Hindernisse, die der Beschleunigung im Weg stehen. So sind mitunter Genehmigungsverfahren sehr langwierig. Nach Angaben der Europäischen Union beträgt die Vorlaufzeit für Wind-, Wasser- und Solarkraft-Projekte derzeit bis zu zehn Jahre. Ein Beispiel dafür ist der Ausbau von Windkraftanlagen: Laut der Jahresstatistik des europäischen Branchenverbands WindEurope sind in der gesamten EU im Jahr 2021 nur 11 Gigawatt (GW) an neuen Windkraftanlagen gebaut worden. Für den Zeitraum 2022 bis 2026 seien jährlich 18 GW geplant, benötigt würden aber 30 GW pro Jahr, um das EU-Ziel für erneuerbare Energien bis 2030 zu erreichen. „In Europa werden nicht annähernd so viele neue Windparks genehmigt wie benötigt werden“, beklagte der Verband.

Weitere Hindernisse für den Ausbau der erneuerbaren Energien

Hinzu kommen Krisen wie die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg, die sich massiv auf weltweite Lieferketten auswirken. Auch Handelskonflikte – wie etwa der seit 2018 schwelende Streit zwischen den USA und China – behindern den Import von Materialien, die von den Anlagenherstellern der Energiebranche benötigt werden. Zudem sind die Preise vieler Rohstoffe – nicht erst seit dem Ukraine-Krieg, aber dadurch noch einmal befeuert, – in die Höhe getrieben worden. Dazu gehören Erdöl, Gas und Kohle, aber auch Aluminium und Stahl. Das sind Rohstoffe, die für den Bau von Wind- und Solarparks benötigt werden. Auch die Kosten für Transport und Logistik sind gestiegen.

Die Folgen für den Ausbau erneuerbarer Energien

„Wir müssen aufpassen, dass unsere schöne Energiewende nicht am Rohstoffmangel scheitert“, hieß es vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW). Denn durch deutlich höhere Preise für Materialien sowie höhere Frachtkosten steigen auch die Kosten für die Umsetzung von Projekten mit erneuerbaren Energien deutlich. Allerdings lohnt es weiterhin, in erneuerbare Energien zu investieren, da sie nach wie vor die günstigsten Stromgestehungskosten haben.

Wie sich die Energiewende auf das Geschäft der Commerzbank-Unit Center of Competence (CoC) Energy auswirkt, erläutert der Head of CoC Energy, Tim Koenemann, im Folgenden:

Herr Koenemann, welche Auswirkungen haben die beschriebenen Entwicklungen auf das CoC Energy?

Viele unserer Kunden kontaktieren uns mit dem Wunsch, bereits unterbreitete Finanzierungskonditionen zu aktualisieren. Die gestiegenen Kosten, aber auch die Möglichkeit zur Nachverhandlung von Stromabnahmeverträgen machen es erforderlich, geplante Projekte neu zu evaluieren und die Finanzierungsstrukturen anzupassen.

Wie reagieren Sie auf die Herausforderungen?

Durch den engen Austausch mit unserer sehr erfahrenen Kundschaft entlang der kompletten Wertschöpfungskette der erneuerbaren Energien haben wir einen guten Überblick über die strukturellen Herausforderungen. Wir konnten dadurch einen guten „Instrumentenkoffer“ (unter anderem frühzeitige Zinssicherung, Würdigung höherer Marktpreiserwartungen bei der Ermittlung der Verschuldungsfähigkeit, Finanzierungsstrukturen auf Basis privatwirtschaftlicher Stromabnahmeverträge) entwickeln, der Antworten auf die jeweiligen Fragen unserer Kunden enthält.

Wie wappnet sich die Commerzbank für weitere Veränderungen?

Wir sind durch Kompetenzbündelung und jahrzehntelange Erfahrung sowohl auf der Marktseite als auch im Risikomanagement in der Lage, auch in komplexen Transaktionen einen sehr schnellen und lösungsorientierten Kreditprozess zu garantieren. Wir möchten unser Projektfinanzierungsportfolio in den kommenden Jahren verdoppeln. Darüber hinaus erweitern wir unseren Fokus über Wind und Solar hinaus auf Projektfinanzierungen für angrenzende Technologien der Energiewende, z.B. die Produktion grünen Wasserstoffs oder die von Batteriespeichern.

Ausgewählte EE-Projekte der Commerzbank in 2022

  • RWE und Commerzbank planen einen gemeinsamen Offshore-Windpark mit einer Leistung von rund 1 Gigawatt. Mit einem „Grünen Mittelstandsfonds“ soll mittelständischen Industrieunternehmen in Deutschland Zugang zu einer Ökostromproduktion aus Offshore-Windkraftanlagen ermöglicht werden.

  • Die Commerzbank und die Landesbank Baden-Württemberg haben mit der Enerparc Gruppe eine HoldCo-Portfoliofinanzierung über rund 260 Millionen Euro umgesetzt. Die Darlehensmittel werden zur Ablösung und Refinanzierung eines rund 315 Megawatt-Solarparkportfolios in Deutschland verwendet.
    Pressemitteilung Enerparc 28. Juli 2022 [pdf, 456 KB]

  • Zudem kann die CoC Energy die bilaterale Finanzierung eines 176 Megawatt-Solarparks im Boitzenburger Land in Brandenburg für sich beanspruchen. Das Projekt ist eines der größten Solarprojekte in der Bundesrepublik und erzielt seine Einnahmen ausschließlich mittels eines langfristigen Stromabnahmevertrags und der Vermarktung zu tagesaktuellen Preisen an der Strombörse.

Weitere Informationen über die Angebote unseres Center of Competence (CoC) Energy finden Sie hier oder

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Stand: Juli 2022